Das Hologramm als Fenster
Ein Hologramm ist ein offenes Fenster in einen virtuellen
Raum. Die hinter dem Fenster liegende holographische Erscheinung
verhält sich im Verhältnis zum Betrachter analog der
Erscheinung wirklicher Dinge vor wirklichen Fenstern und mithin
vollkommen anders, als zweidimensionale bildliche Darstellungen,
wie sie nach dem Renaissancemodell der 'finestra aperta' oder
mit fotografischen Mitteln erstellt werden können. Fotografien
- auch Stereofotografien - erlauben immer nur den Blick aus einer
Richtung (im Falle der Stereofotografie streng genommen aus zwei,
üblicherweise um den Augenabstand verschobenen, Richtungen)
auf einen Gegenstand. In einem Hologramm ist die Perspektive
nicht eingefroren, sondern sie verändert sich mit dem Betrachtungswinkel
und dem Betrachtungsabstand. Verhängt man ein Fenster bis
auf eine kleine Öffnung, so sieht man die Szene dahinter
nur noch aus einem bestimmten, eingeschränkten Blickwinkel.
Ebenso liefert ein Teil oder Bruchstück eines Hologramms
nur noch eingeschränkte Blickwinkel auf die holographische
Szene 1 (Abb.
16).
Mit dem als Beugungsgitter fungierenden Interferenzmuster lassen
sich alle Objektpunkte rekonstruieren. Der holographische Film
ist gleich einer Ansammlung von Sammel- und Zerstreuungslinsen.
Jedem Objektpunkt sind dabei - über die gesamte Platte verteilt
- unzählige Linsen mit spezifischem Brennpunkt zugeordnet,
da das holographische Aufnahmeverfahren ja ohne Linse funktioniert.
Welche Ansicht des Objektpunkts erscheint, ist abhängig
von den relativen Positionen von rekonstruierender Lichtquelle,
Film und Betrachter zueinander. Verändern sich die relativen
Positionen - bewegt sich beispielsweise der Betrachter - erhält
er in einem raumzeitlichen Vorgang die visuelle Information über
das gesamte holographierte Objekt. Das holographierte Objekt
bietet sich nicht - wie tendenziell die flächige perspektivische
Darstellung - in einem Überblick dar, sondern erst im prozeßhaften
Erfassen aus verschiedenen Positionen zeigt sich die dreidimensionale
Gesamtheit der Erscheinung. Insofern ist das holographierte Objekt
- analog den wirklichen Dingen - eher erfahrbar als kognitiv
lesbar, eher Erscheinung als dechiffrierbares Zeichen.