Das holographische Aufzeichnungsverfahren
Die praktische Entwicklung des holographischen Aufzeichnungsverfahrens
- theoretisch formuliert wurde es bereits 1948 von Dennis Gábor1 - war erst möglich, nachdem 1960 eine kohärente
Lichtquelle entwickelt wurde - der Laser.2 Um
Objekte holographieren zu können, muß die Kohärenzlänge
der Lichtquelle mindestens so lang sein wie das Objekt. Da Gábor
keine Lichtquellen mit nennenswerter Kohärenzlänge
zur Verfügung standen, konnte er nur mikroskopisch dünne
Objekte holographieren. Laser können theoretisch Kohärenzlängen
von mehreren Kilometern haben, und ihre Strahlung verhält
sich so, als ob sie von einem Punkt ausgehen würde.
Die Aufnahme eines Hologramms ist eigentlich nichts anderes als
eine kompliziertere Version des Fresnelschen Interferenzexperiments.
Es gibt verschiedene Methoden, ein holographisches Interferenzmuster
aufzuzeichnen. Allen gemeinsam ist, daß ein Laserstrahl
in zwei Strahlenbündel aufgeteilt wird. Ein Teilstrahlenbündel,
der Referenzstrahl, trifft direkt auf eine Fotoplatte, das andere
Teilbündel, der Objektstrahl, beleuchtet den aufzuzeichnenden
Gegenstand, wird von diesem als Objektwelle reflektiert und fällt
dann gleichfalls auf die Fotoplatte (Abb. 8). Die Referenzwelle hat
eine gleichmäßige Struktur, die Objektwelle ist -
entsprechend der Oberfläche des Gegenstands - mehr oder
weniger verbogen.
Das Interferenzmuster, das bei der Überlagerung von Referenzwelle
und Objektwelle entsteht, ist komplex: Jeder Objektpunkt interferiert
an jeder Stelle des Films mit der Referenzwelle. Ein solches
Muster kann nicht schematisch visualisiert werden.3
Aber man kann sich einen Gegenstand als aus einzelnen Punkten
zusammengesetzt denken: Das einfachste Hologramm ist das Hologramm
eines einzelnen Punktes. Trifft die Objektwelle den gedachten
Punkt, geht von diesem eine Kugelwelle aus - der Punkt verteilt
sich als Welle auf der gesamten Fotoplatte. Die Kugelwellenfronten
treffen auf dem Film mit den als eben angenommenen Wellenfronten
der Referenzwelle zusammen (Abb.
9). Nimmt man einen Zeitpunkt an, zu dem ein Wellenberg der
Referenzwelle auf die Fotoplatte trifft, wird dieser Berg von
Wellenbergen und -tälern der Kugelwelle abwechselnd überlagert,
wobei die Breite der Überlagerung vom Auftreffwinkel der
Objektwelle abhängt. Je steiler die Objektwelle auftrifft,
um so schmaler sind die entstehenden Streifen. Die breiteste
konstruktive Interferenz tritt also in der Mitte auf. Um diesen
hellen Punkt breiten sich konzentrische Ringe mit abnehmender
Breite aus, denn für alle Punkte, die gleich weit vom Zentrum
liegen, haben die einfallenden Wellen die gleiche Phase. Überall
dort, wo die Wellen konstruktiv interferiert haben, wird die
lichtempfindliche Schicht der Fotoplatte geschwärzt. Wo
destruktive Interferenz auftrat, haben sich die Wellen gegenseitig
ausgelöscht; und der Film bleibt durchsichtig. Im Ergebnis
erhält man etwas, das einer Schießscheibe ähnelt
- eine Fresnelsche Zonenplatte (Abb.
10).
Man kann sich nun leicht vorstellen, daß sich die Erscheinung
der Fresnelschen Zonenplatte abhängig von der Entfernung
des angenommenen Punkts von der Fotoplatte verändert, denn
die auftreffenden Kugelwellenfronten sind kleiner, wenn der Punkt
näher an der Platte liegt, und größer, wenn er
weiter entfernt ist. Damit verändern sich auch die Auftreffwinkel
der Wellenberge und -täler. Das Interferenzmuster speichert
die Information über die räumliche Ausgangslage des
Punktes, und der Punkt kann mit Hilfe des auf dem holographischen
Film aufgezeichneten Interferenzmusters rekonstruiert werden.
Dazu richtet man erneut den Referenzstrahl - und nur den - auf
den entwickelten Film. Die Fresnelsche Zonenplatte verhält
sich nun wie eine Linse, und zwar wie eine Sammel- und Zerstreuungslinse
zugleich. Ihre Eigenschaften lassen sich mit Hilfe der geometrischen
Optik beschreiben (Abb.
13). Die Referenzwelle tritt überall dort, wo der Film
durchsichtig ist, durch den Film durch, und dabei wird das Licht
gebeugt. Nach dem Huygensschen Prinzip 4 breitet
sich hinter jeder Öffnung eine Kugelwelle - eine sogenannte
Elementarwelle - aus. Denn wenn eine Lichtwelle auf eine sehr
feine Öffnung trifft - und fein heißt, daß die
Öffnung nicht wesentlich größer als die Wellenlänge
sein darf (bei dem rotem Licht des Helium-Neon-Lasers liegt das
in der Größenordnung um 600 nm) - dann tritt durch
die Öffnung nicht ein feiner Lichtstrahl, sondern das Licht
verteilt sich hinter der Öffnung in alle Richtungen: Die
Lichtwellen werden an den feinen Öffnungen gebeugt. Die
Kugelwellen haben hinter dem Film, der als Beugungsgitter wirkt,
verschieden lange Wege und treffen in verschiedenen Schwingungszuständen
aufeinander. Sie interferieren und bilden erneut Wellenfronten
aus.
Als eine gerade Wellenfront läuft die Referenzwelle hinter
der Platte weiter - die Physiker nennen das Beugung 0. Ordnung.
Es gibt aber noch andere Wellenfronten. Eine Wellenfront entsteht,
wenn man die Fronten benachbarter Kugelwellen verbindet, die,
von der Mitte ausgehend, von Öffnung zu Öffnung jeweils
einen Takt früher entstanden sind. Die Einbuchtungen, die
durch die Überlagerung der Elementarwellen entstanden sind,
kann man mit einer Hilfskonstruktion - der sogenannten Einhüllenden
- überbrücken (Abb.
11). Je näher die Öffnungen auf dem Film beieinander
liegen, desto steiler wird die neue Wellenfront. Für die
Rekonstruktion des Hologramms eines Punktes bedeutet das, daß
die Einhüllende einen kreisförmigen Verlauf hat. Nimmt
man einen etwas späteren Zeitpunkt an, so haben sich die
Radien der Elementarwellen vergrößert, die Einhüllende
beschreibt einen kleineren Kreisbogen (Abb.
8: die 2. Einhüllende). Als Ergebnis des zeitlich fortschreitenden
Verlaufs der Wellenfronten erhält man eine konvergente Kugelwelle
(die Beugung 1. Ordnung). Im Mittelpunkt dieser Kugel liegt der
reelle Bildpunkt des ursprünglichen Objektpunktes. Die Fresnelsche
Zonenplatte hat sich verhalten wie eine Sammellinse, die ein
paralleles Lichtbündel auf einen Punkt konzentriert. Das
Bild heißt reell, weil Lichtstrahlen sich wirklich im Bildpunkt
konzentrieren. Reelle Bilder können auf einem Schirm (oder
einer Fotoplatte) aufgefangen werden.5
Eine weitere Wellenfront bekommt man, wenn man den zeitlichen
Verlauf der einzelnen Elementarwellen umkehrt, wenn man also
die Radien jener Elementarwellen mit einer Einhüllenden
verbindet, die von der Mitte ausgehend von Öffnung zu Öffnung
jeweils einen Takt später entstanden sind. Wieder bildet
sich eine Kugelwelle aus. Diese zweite Kugelwelle (die Beugung
-1. Ordnung) ist divergent, die Strahlen laufen hinter der Platte
auseinander. Die Zonenplatte verhält sich jetzt wie eine
Zerstreuungslinse (Abb.
12). Der virtuelle Ort, von dem diese Kugelwelle auszugehen
scheint, liegt dort, wo bei der Aufnahme des Beugungsgitters
die Lichtquelle war. Die Beugung -1. Ordnung rekonstruiert die
ursprüngliche Objektwelle, das Duplikat der Objektwelle
erzeugt ein virtuelles Bild, das wie bei einem Spiegel hinter
der Platte zu liegen scheint.6
Ersetzt man den gedachten Punkt durch ein komplexes Objekt, erhält
man entsprechend ein komplexes Doppel der Objektwelle. Ein virtuelles
Objekt erscheint an der Stelle des ursprünglichen Objekts.
Das zugleich erscheinende reelle Bild ist pseudoskopisch. Das
Objekt sieht aus wie umgestülpt, denn Punkte des Objekts,
die weiter von der Platte entfernt lagen, liegen jetzt auf der
anderen Seite ebenfalls weiter von der Platte entfernt, damit
aber näher am Betrachter.