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Gabriele Schmid:  Illusionsräume
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Interferenz

 

Sich überlagernde Wellen interferieren immer miteinander, aber nur unter speziellen Bedingungen, in denen die Wellenlänge des Lichts eine Rolle spielen kann, werden Interferenzerscheinungen unmittelbar sichtbar.1 Wellen können konstruktiv oder destruktiv interferieren; entscheidend dafür ist ihre Phasendifferenz. Überlagern sich zwei phasengleiche Wellen, trifft also Wellenberg auf Wellenberg, so verdoppelt sich die Amplitude, und die Helligkeit vervierfacht sich. Trifft ein Wellenberg auf ein Wellental, sind die beteiligten Wellen also gegenphasig, löschen sie sich gegenseitig aus. Dunkelheit ist die Folge. Dazwischen gibt es kontinuierliche Übergänge (Abb. 6). Bei gleicher Wellenlänge - und nur dann - können sich Wellen längere Zeit an derselben Stelle vernichten oder verstärken. Die Verstärkung und Auslöschung wird sichtbar als helle und dunkle Streifen.

Die Existenz von Interferenzphänomenen hat zusammen mit dem Phänomen der Beugung dazu beigetragen, den Wellencharakter des Lichts zu bestätigen. Interferenzeffekte wurden erstmals 1807 von Thomas Young nachgewiesen. Da Interferenzphänomene nur dann auftreten, wenn beide Lichtquellen Lichtstrahlen gleicher Wellenlänge abgeben, hat Young einen Sonnenlichtstrahl mit Hilfe von Lochblenden in zwei gleiche, parallele Strahlen geteilt, durch die Überlagerung beider Strahlen Interferenzmuster erzeugt und auf einem Schirm aufgefangen. Der Physiker Jean Augustin Fresnel führte 1816 eines der entscheidendsten Experimente zum Nachweis der Interferenz durch. Fresnels Versuchsanlage war einfacher und störungsfreier als die Youngs, denn die Phasenlage verschiebt sich in normalem Licht nicht konstant, sondern sie ändert sich sprunghaft. "Der entscheidende Gedanke besteht darin, den Strahl einer monochromatischen Lichtquelle aufzuteilen. Wenn sich dann die Phase der Lichtquelle ändert, verändern beide Strahlen ihre Phase gleichzeitig; damit bleibt die Beziehung zwischen den beiden Strahlen gleich. Wenn die Bahnen der beiden Strahlen nicht zu verschieden sind, können wir sie wieder zusammenführen und ihre Interferenz beobachten."2 Fresnel benutzte nicht zwei, sondern nur eine punktförmige Lichtquelle, die er auf zwei nebeneinander angebrachte Spiegel schickte. Fresnel erzeugte so zwei Teilstrahlenbündel von zwar halber Amplitude, aber mit gleicher Wellenlänge. "Er beobachtete, daß unter bestimmten Bedingungen beim Aufeinandertreffen zweier Lichtkegel auf einer hellen Fläche ein Muster von hellen und dunklen Streifen entstand: Die beiden Lichtkegel verstärkten sich nicht nur, sondern sie löschten sich an bestimmten Stellen gegenseitig aus."3 Ein Interferenzmuster entstand (Abb. 7).

Eine Voraussetzung für die gezielte Erzeugung von Interferenzmustern ist die Kohärenz der Lichtquelle, daß also die ausgesandten Wellen gleichmäßig und zusammenhängend sind (Abb. 3). Die Kohärenzlänge einer Lichtquelle bezeichnet den räumlichen Bereich, in dem es zur Ausbildung stabiler und damit aufzeichenbarer Interferenzmuster kommen kann. Natürliche Lichtquellen, die zudem aus Wellen unterschiedlicher Länge zusammengesetzt sind, emittieren immer nur Wellenzüge einer sehr beschränkten Länge, ihre Phase verändert sich sprunghaft. Sie schwingen nicht über eine längere Strecke im gleichen Takt. Solche Quellen sind inkohärent (nicht zusammenhängend).


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1 Ein Beispiel für Interferenz an dünnen Filmen, d.h. an Materialien, deren Wandstärke im Maßstab der Wellenlängen des Lichts liegt, ist das Farbenspiel auf einer Seifenblase. Es wird durch die Lichtreflexion auf beiden Seiten der dünnen Wasserhaut verursacht, die die Blase bildet. Durch die beidseitige Spiegelung entstehen zwei kohärente Strahlen. Diese beiden Strahlen scheinen - wie bei einem Spiegel - von zwei virtuellen Quellen hinter dem Film zu kommen. Der Abstand der virtuellen Quellen ist abhängig von der Dicke des Films. Je nach Filmdicke tritt eine Phasenverschiebung ein oder nicht, ist die Interferenz konstruktiv oder destruktiv. Bei bestimmten Wellenlängen fallen die Wellenberge, die auf der einen Seite des Seifenfilms reflektiert werden, mit den auf der anderen Seite reflektierten Wellentälern zusammen - es tritt destruktive Interferenz auf. Die diesen Wellenlängen entsprechende Farbe wird aus dem Spektrum gelöscht und fehlt im reflektierten Licht. Die sichtbaren farbigen Erscheinungen werden erzeugt durch die übrigen Wellenlängen. (Vgl. Hawking, 1988, S. 79.)

2 Falk u.a., 1990, S. 336.

3 Heiß, 1988, S. 17.


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