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Gabriele Schmid:  Illusionsräume
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Das Regenbogenhologramm und seine Varianten

 

Mit dem Regenbogenverfahren kann die mögliche optische Schärfentiefe der Objekte erweitert werden. Sie sind deshalb, wegen ihrer vielfarbigen Erscheinungsweise, und weil sie mit weißem Licht rekonstruiert werden können, die im Kunstsektor gebräuchlichsten Hologramme. Ihren Namen bekamen sie aufgrund ihrer spektralen Regenbogenfarben. Stephen Benton, seit 1996 Direktor des Center for Advanced Visual Studies (CAVS) am Massachusetts Institute of Technology (MIT) in Cambridge, USA, hat 1968 zum ersten Mal Regenbogen- oder Bentonhologramme beschrieben.

Die Herstellung von Regenbogenhologrammen geschieht in zwei Schritten. Im ersten Schritt stellt man - wie oben beschrieben - ein normales Lasertransmissionshologramm (H1) her. Im zweiten Schritt erzeugt man mit Hilfe des reellen Bildes des H1 ein Bildebenenhologramm. Man dreht das Hologramm um 180 Grad, um aus dem virtuellen ein reelles Bild zu machen, und stellt dann in das reelle Bild des H1 eine photoempfindliche Schicht und zeichnet das Bild auf. Man nutzt aber nicht - wie beim oben beschriebenen Weißlichthologramm - die gesamte Information des H1, sondern deckt Bereiche des Films ab und läßt nur durch einen schmalen Spalt einen Teil des reellen Bildes fallen. Dadurch wird nicht ein Teil des aufgenommenen Objekts abgedeckt, sondern es verringert sich, wie wenn man zwischen zwei Rippen einer Jalousie hindurchblickt, der Betrachtungswinkel. Da die vertikale Parallaxe im allgemeinen bei der Betrachtung von Objekten eine geringere Rolle spielt - unsere beiden Augen befinden sich auf einer horizontalen Ebene, und horizontal bewegen wir uns gewöhnlich im Raum - legt man den Spalt so an, daß er parallel zur Horizontalrichtung des holographischen Bildes über das ganze Masterhologramm verläuft. Verschiebt man die Schlitzblende, sieht man nacheinander verschiedene Perspektiven, so als würde man nacheinander durch verschiedene Spalte einer Jalousie blicken. Mit Hilfe des teilweise abgedeckten reellen Bildes wird das H2, das Regenbogenhologramm, hergestellt (Abb. 20) und wie das H1 entwickelt und gebleicht.

Für die Rekonstruktion wird das fertige Hologramm der zweiten Stufe wieder um 180 Grad gedreht, so daß aus dem pseudoskopischen Bild ein orthoskopisches wird. "Beleuchtet man das fertige Hologramm mit Laserlicht, so sieht man das rekonstruierte Bild entsprechend der Stellung der Schlitzblende wie durch einen engen horizontalen Spalt. Über und unterhalb des Spalts verschwindet das Bild. Würde man eine andersfarbige Lichtquelle benutzen, würde man ein anders gefärbtes Spaltbild sehen, das auch an einer anderen Stelle liegt. Eine Beleuchtung mit einer punktförmigen weißen Lichtquelle entspricht gewissermaßen der gleichzeitigen Beleuchtung durch viele verschiedenfarbige Lichtquellen. Entsprechend entstehen gleichzeitig viele unterschiedlich gefärbte Schlitzbilder, die auf unterschiedlichen Höhen liegen und ineinander übergehen. Je nach Betrachtungsabstand sieht ein Beobachter eines oder mehrere der farbigen Schlitzbilder."1 (Abb. 21) Bei Wiedergabe mit weißem Licht liefert das Hologramm, das als Beugungsgitter wirkt, für kurze Wellenlängen (blau) einen kleinen, für große Wellenlängen (rot) einen großen Beugungswinkel. "Für jede Spektralfarbe ist ein anderer Beobachtungsschlitz vorhanden. Bewegt der Betrachter seinen Kopf in vertikaler Richtung, sieht er das rekonstruierte Bild nacheinander in rot, orange, gelb, grün und blau, d.h. in den Spektralfarben oder den Farben des Regenbogens."2 Beim Heben und Senken des Kopfes ändert sich die Farbe, nicht aber die Perspektive auf das Objekt.

Bei Regenbogenhologrammen liegen die orthoskopischen virtuellen Bilder - wie bei Lasertransmissionshologrammen - hinter dem Film. Durch ein zweistufiges Verfahren können orthoskopische reelle Bilder erzeugt werden, die vor dem Hologramm liegen. Im ersten Schritt wird wieder ein Off-axis-Hologramm (H1) hergestellt. Bei der Rekonstruktion entstehen ein virtuelles orthoskopisches und ein reelles pseudoskopisches Bild. Das reelle Bild liefert die Objektwelle für den zweiten Schritt, in dem das H2 hergestellt wird. Rekonstruiert man dieses Hologramm von derselben Seite, von der es aufgenommen wurde, entsteht zwar ein pseudoskopisches virtuelles Bild, doch das reelle Bild ist orthoskopisch. Indem das pseudoskopische Bild eines pseudoskopischen Bildes orthoskopisch ist, ist es mit dieser Technik möglich, normale reelle Bilder zu produzieren. Diese Bilder liegen nicht hinter der Filmebene wie die Spiegelbildern gleichenden virtuellen Bilder, sondern sie liegen vor dem Film und wirken wie greifbare Erscheinungen im Raum.

Es ist möglich, von ein und demselben Master durch mehrere Belichtungen virtuelle und reelle Bilder zu erzeugen. Die Speicherkapazität holographischer Filme ist groß genug, um Mehrfachbelichtungen durchzuführen. Um verschiedene Bilder übereinander aufzunehmen, muß lediglich der Winkel, in dem der Referenzstrahl auf die Platte fällt, für jede Aufnahme verändert werden. Bei der Wiedergabe eines Multicolour-Regenbogenhologramms erzeugen die verschiedenen Aufnahmewinkel der Bilder verschiedene Farben, die sich mit dem vertikalen Betrachtungswinkel verändern.


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1 Heiß, 1988, S. 85.

2 Eichler/Ackermann, 1993, S. 46.


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