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Gabriele Schmid:  Illusionsräume
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Leibliche Rezeption und Bedeutungszuweisungen

 

Die von außen und innen betrachtbaren Hologramme in Gaia erschließen sich den Betrachtern nur dann, wenn sie reflexiv die nacheinander vollzogenen Wahrnehmungen zusammensetzen. Die normalerweise automatische Bedeutungszuweisung zu den Bildern wird unterlaufen, indem die unerwartete Umkehrung der Repräsentationen das erlernte Einordnen der Wahrnehmungen in Wissenszusammenhänge und Verhaltensmuster stört. Die Bewegungen der Körper konstituieren jetzt die Deutungen des visuellen Angebots mit, indem die Erinnerung an das Werk nicht nur visuell, sondern wesentlich körperlich ist. Die Körper sind Zentren der Erinnerung, denn die Veränderlichkeit des visuellen Angebots ist wesentlich an ihre raumzeitliche, aktive Bewegung geknüpft.1

Im Zusammenhang mit den Implikationen des holographischen Universums ist die zentrale Bedeutung des Betrachterkörpers nicht eine unumgängliche physiologische Bedingung, die notwendig in höherwertige kognitive Ordnungen überführt werden muß. Vielmehr liegt hier die Verbindung zur ereignishaften auratischen Erfahrung vor den Werken.

Begreift man den menschlichen Körper als Energiefeld, wie es das holographische Weltbild nahelegt, so bleiben, nach Talbot, zwei mögliche Deutungen der Wirklichkeit: eine, in der unser Körper konkret erscheint, und eine, in der unser Ich als eine Energiewolke zu existieren scheint, deren eigentliche Position im Raum nicht exakt bestimmbar ist. Wir haben gelernt, daß unser Geist ein Produkt unseres Gehirns ist. Doch wenn das Gehirn und der physikalische Körper nichts sind als der dichteste Bestandteil eines subtilen Kontinuums von Energiefeldern, muß von dieser Annahme Abstand genommen werden.2 Dem Körper und seinen Organen müßte eine eigene Form von Intelligenz zugesprochen werden. Den Körpern und - mit Bohm - der unbelebten Materie, eine eigene Form der Intelligenz zuzusprechen, das ist in das newtonisch-cartesianische Modell der Wissenschaft nicht integrierbar. Im Modell einer ereignishaft verstandenen Kunst wird es faßbar als auratische Erfahrung.


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1 Auch die Rezeption laufender Bilder im Kino kann so etwas wie einen körperlichen Nachvollzug mit sich bringen, doch bei der Holographie handelt es sich nicht um Nachvollzug, sondern um Vollzug.

2 Talbot führt neurophysiologische Forschungen auf, um seine These zu stützen.
Die Physiotherapeutin Valerie Hunt habe entdeckt, "daß das menschliche Energiefeld sogar noch vor dem Gehirn auf Reize reagiert. Sie hat EMGs des Energiefeldes und EEGs des Gehirns simultan aufgezeichnet und dabei festgestellt, daß immer dann, wenn sie ein lautes Geräusch machte oder eine helle Lampe aufleuchten ließ, das EMG des Energiefeldes den Reiz bereits registrierte, bevor er im EEG auftauchte... 'Ich glaube, wir haben das Gehirn als aktive Komponente in der Beziehung des Menschen zur Welt ein wenig überschätzt', meint sie... 'Aspekte des Geistes, die mit Kreativität, Phantasie, Spiritualität und dergleichen zu tun haben, finde ich im Gehirn überhaupt nicht wieder. Der Geist steckt nicht im Gehirn. Er steckt in diesem verflixten Feld'." (Talbot, 1992, S. 206f.)


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