Zurück
Gabriele Schmid:  Illusionsräume
Home

 

Ereignis und Niederschrift

 

Hologramme, die sich mit jeder kleinen Bewegung des Betrachters verändern, entziehen sich einer vollständigen Beschreibung ebenso wie als dreidimensionale Lichterscheinungen einer adäquaten Abbildung (Das gilt selbstverständlich auch für die hier beigefügten Abbildungen, die bloß hinweisenden Charakter haben können). Was für Hologramme gilt, gilt in strengerem Sinne für ihre Rezeption. Das Ereignis ist stets etwas anderes, als gesagt werden kann. So wie die Landkarte nicht das Territorium ist, ist die Niederschrift (im ethnomethodologischen Sinne) nicht das Ereignis. Was die Bilder repräsentieren, kann zwar symbolisch gefaßt werden - die Interferenzstreifen in In-Between als Hinweis auf den unteilbaren Raum - der unteilbare Raum kann jedoch nicht verbildlicht, sondern nur erfahren werden. Solche Erfahrung kann das interaktive Werk befördern, das zugleich durch das Erlebnis erst erzeugt wird. Die Singularität des Ereignisses bietet die Möglichkeit einer 'Reauratisierung' (Mersch) im Zeitalter technischer Reproduzierbarkeit. "Performativer Kunst wird ihre Aura gerade durch ihre Ereignishaftigkeit, den Vollzug einer Transzendenz und die Überschreitung des Gegebenen zurückerstattet."1 Das überlieferte Ereignis - und in diesem Sinne sind Ereignisse geschichtslos - bezieht sich auf eine Gegenwart, die nicht mehr ist. Das Sein im Territorium ist immer anders als dessen Nachvollzug auf der Landkarte. "Kunst, als Ereignis, ist nicht zu bewahren, und was bewahrt wird, ist nicht die Kunst... Die Reauratisierung der Kunst durch das Ereignis bedingt den Verlust von Geschichtlichkeit, wohingegen ihre Tradierung in Dokumenten, Reproduktionen oder Aufzeichnungen den erneuten Verlust ihrer Aura und mithin die 'Entkunstung der Kunst' bedingt. Kunst steht heute notwendig unter diesem Zwiespalt. Aber die ist nur Kunst, wo sie sich diesem Zweispalt zu stellen wagt, andernfalls bliebe sie unterhalb ihrer eigenen Stellung."2


Home

Inhalt

Weiter


 

1 Mersch, 1997, S. 34.

2 Mersch, 1997, S. 36.


Home

Inhalt

Weiter