Das interaktive Beleuchtungssystem
Das interaktive Beleuchtungssystem, das Boissonnet für
In-Between entwickelt hat, steuert die Beleuchtung abhängig
von der Anwesenheit von Betrachtern vor den Tafeln. Betritt man
den Raum, so stehen die Stahlstrukturen mit den durchscheinenden
Tafeln der Hologramme im Halbdunkel. Keine Bilder erscheinen,
nur das leise Ticken der Ultraschall-Bewegungsmelder ist zu hören
und trägt dazu bei, die Betrachter vor die Strukturen zu
ziehen. Das interaktive Beleuchtungssystem ist auf die Anwesenheit
mehrerer Betrachter und deren Kommunikation miteinander angelegt.
Tritt ein einzelner Betrachter in das interaktive Feld vor einer
Tafel, erreicht er damit die Beleuchtung einer oder mehrerer
anderer Tafeln. Verläßt er seinen Ort vor der Tafel,
um die nun erschienenen Bilder zu betrachten, erlischt das Licht.
Er tritt in eine andere Zone ein und bewirkt damit die Beleuchtung
eines oder mehrerer anderer Hologramme, vor denen er wiederum
nicht steht. Das interaktive Lichtsystem ist folgendermaßen
organisiert: Miteinander gekoppelt sind das erste - sprachliche
- Hologramm und das zweite - das auratische. Beide werden beleuchtet,
wenn der Betrachter in das interaktive Feld vor dem dritten,
technologischen Hologramm tritt. Wenn ein einzelner Betrachter
vor einem der anderen Hologramme steht, wird nur das piktografische
Hologramm beleuchtet. Sind zwei Betrachter anwesend, wird das
System modifiziert. Tritt nur einer der beiden in ein interaktives
Feld, wird dieselbe Beleuchtung ausgelöst wie oben beschrieben,
und der zweite Betrachter kann nun die aufleuchtenden Hologramme
betrachten: Verabredungen sind möglich und notwendig. Nähert
sich jedoch der zweite Betrachter den Hologrammen, die er betrachten
möchte, so weit an, daß er in ihr interaktives Feld
eintritt, erlischt deren Beleuchtung. Stehen Besucher in allen
drei interaktiven Feldern, leuchten alle drei Hologramme, und
sie erlöschen auch nicht bei größerer Annäherung
(in diesem Fall verschwinden die Bilder deshalb, weil man mit
der Annäherung an die Tafeln aus den technisch vorgegebenen
Betrachtungswinkeln tritt). Wieder sind Verabredungen notwendig,
um sukzessiv alle Hologramme betrachten zu können, denn
es darf kein Feld unbesetzt bleiben, um die fortdauernde Beleuchtung
der Hologramme zu gewährleisten.
Die Anwesenheit eines einzelnen Betrachters genügt also
nicht, um In-Between rezipieren zu können. Boissonnets
interaktives Lichtsystem erzwingt die Kommunikation der Betrachter
untereinander, er setzt mit der Inszenierung der Hologramme ein
Spiel von Verabredungen in Gang. "Der königliche Blickpunkt",
schreibt Louise Poissant über In-Between, "wird
unwiderruflich abgesetzt, er wird ersetzt durch ein Spiel von
Verabredungen - oder Zufällen, falls die Zuschauer nicht
wissen, welche Rolle sie bei der Beleuchtung der Hologramme spielen."1 Die Inszenierung verdeutlicht, daß es nicht
mehr darum geht, den einzigen richtigen Standpunkt einzunehmen
aus dem in kontemplativer Versenkung das Werk seinen Sinn erschlösse,
sondern die Gesamtheit des Werks erschließt sich im kommunikativen
Austausch mit Anderen und durch die Bewegung zwischen
den Tafeln. Das performativ angelegte Kunstereignis bringt sich
erst im wechselseitigen Geschehen zwischen Künstler und
Werk, Werk und Betrachter hervor. Das Werk indiziert, schreibt
Louise Poissant, "daß es im Zwischenraum, im Übergang,
in und durch die Bewegung zwischen den Elementen geschieht, daß
Sinn und Gedanke zum Vorschein kommen. Zwischen den Gesprächspartnern.
Zwischen dem Künstler und dem Betrachter."2
In der interaktiven Installation In-Between sind es buchstäblich
die Betrachter, die die Bilder erzeugen - Louise Poissant weist
in diesem Zusammenhang auf die Vorreiterrolle Marcel Duchamps
3 - und sich gegenseitig Erfahrungen vor und
im Werk ermöglichen.