Kontext: Städtischer Umraum versus Kellerverließ
Zur heutigen Trennung von Galerieraum und Außenraum
trägt nicht nur die veränderte Beleuchtungssituation
bei, sondern verändert ist auch die Gestaltung der Säle,
ihr baulicher Kontext im Orangeriegebäude und schließlich
ihre Anbindung an den städtischen Umraum.
Auf Fotografien von 1927 ist erkennbar, wie die Säle ursprünglich
gestaltet und gegliedert waren (Abb. 25-27).
Die Wände waren nach Aussagen von Augenzeugen beige-grau
getönt wie sie es auch heute sind, doch waren die Flächen
zumindest im vorderen Saal nicht homogen. Die Wandflächen
sind etwas über dem oberen Rand der Bildtafeln durch einen
Sims gegliedert. In den Durchgängen und im vorderen Saal
unterhalb des Simses waren die Wandflächen durch aufgezeichnete
Steinmuster strukturiert (im hinteren Saal waren sie eventuell
dunkler getönt, aber das läßt sich nach den mir
vorliegenden Fotografien schwer beurteilen). Von der Farbe der
Wände war die gewölbte Fußbodenleiste dunkler
abgesetzt. Der steinerne Fußboden bestand aus großen,
terrazzoähnlich gemusterten, quadratischen Steinplatten,
die im inneren Bereich hell- und dunkelgrau schachbrettartig
angelegt waren. Der innere Bereich war umgeben von ovalen, den
Grundriß nachzeichnenden Streifen, die am äußeren
Rand wiederum quadratisch und länglich rechteckig strukturiert
waren. Die Eingänge und Übergänge waren durch
eine kreisförmige Struktur markiert. In jedem Raum gab es
vier, mit Gittern bedeckte Schächte. Sitzgelegenheiten gab
es keine. Die Säle waren gegliedert in eine Fußboden-
eine Wand- und eine Deckenzone - in eine steinerne Erdzone, einen
farbig leuchtenden Schauraum und eine lichte Himmelszone könnte
man sagen.
Heute sind die Wandflächen alle (außer jenen in den
Zu- und Durchgängen, die ihre Steinmusterung behalten haben)
homogen beige-grau gestrichen. War die Decke früher - vermutlich
durch quer gespannte Stoffbahnen - eher homogen gehalten, so
ist sie heute durch kleinteilige quadratische Milchglasplatten
gegliedert. Den Fußboden dagegen bedeckt - samt der gewölbten
Fußleiste! - ein Teppichboden, der farbig den Wänden
angeglichen ist. In der Mitte der beiden Säle befindet sich
je ein rechteckiges Sitzelement (Abb.
21/22, 23/24).
Das ehemals oval angelegte und von natürlichem Oberlicht
beleuchtete Vestibül ist einem viereckigen Raum gewichen.
Auch der Fußboden des Vestibüls war mit ovalen Streifen
gegliedert, die Durchgänge zu den Sälen und ins Freie
waren rundbogenförmig und verglast - heute ist die eine
übriggebliebene rechteckig, undurchsichtig und verschlossen
(Abb. 17, Abb. 28). Nur wenn man ganz genau hinschaut
sieht man einen Rest Tageslicht durch die Türritzen schimmern,
und nach längerem Nachdenken kann einem klar werden, daß
man sich im Erdgeschoß der Orangerie befindet und nicht
in einen Keller hinabgestiegen ist.
Die ovale Form der Räume war von außen bereits angekündigt:
Auf der Tuilerienseite gibt es den - heute zugemauerten - Zugang
ins Vestibül, vor dem eine ovale Treppe angelegt ist (Abb. 29). Über
dem Tor ist eine Figur mit pflanzlichen und gärtnerischen
Attributen angebracht. Auch die großen Tore an der Vorder-
und Rückfront (Abb.
31) des Gebäudes sind beide rundbogenförmig. Heute
ist in den Rundbogen an der Vorderfront eine rechteckige Glastür
eingebaut (Abb.
32). Es gab eine lebhafte Wechselwirkung zwischen Innenraum
und Außenraum - so wie in Monets Malerei, die in seiner
Apperzeption gründet, innere Empfindung und äußere
Gegenstände intentional verbunden sind.