Impressionistische Komposition
Impressionistische Komposition kann nicht im Sinne strenger
Flächenaufteilung verstanden werden. Nach Kurt Badt besteht
ihre Besonderheit darin, "daß sie - zwangsläufig,
da der Impressionismus kein lineares Bildgerüst kennt -
auf einer gleichgewichtigen und in sich geschlossenen Verteilung
der Farbgewichte beruht. Unter Farbgewicht ist dabei diejenige
Bedeutung zu verstehen, die einem einzelnen Farbfleck oder einer
Gruppe solcher Flecken durch Stärke, Tiefe oder Umfang ...
zukommt."1 Farbfelder, Farbflecken, Pinselstriche
und kleinste Nuancen bilden ein dichtes Geflecht, in dem sie
miteinander in Bezug stehen, in dem sie ebenso lückenlos
verbunden sind wie die Naturdinge im Seerosengarten durch Wasser
und Atmosphäre. Monet wollte seine Empfindungen gewissenhaft
wiederzugeben, und er suchte - im Helmholtzschen Sinne - eine
Umsetzung für seine Apperzeption. Über seine Heuschoberserie
schrieb Monet am 7. Oktober 1890 an Geffroy: "Während
ich weitermache wird mir zunehmend klar, daß ich hart werde
arbeiten müssen, um das zu erreichen, wonach ich strebe:
jene 'Unmittelbarkeit', vor allem die Hülle, das überall
gleiche sich ausbreitende Licht... Kurzum, ich bin zunehmend
von dem Bedürfnis getrieben, wiederzugeben was ich fühle".2 Monets Umsetzungsleistung ist ablesbar an der
variantenreichen Ausführung der Bilder (Abb.
3-5), die nicht auf eine geheimnisvolle Theorie zurückzuführen
ist, sondern mit den komplexen Sinnesempfindungen vor dem Sujet
zusammenhängt. Die Variationsbreite der Pinselstriche Monets
"hat nichts mit divisionistischer Theorie zu tun; sie läßt
sich nicht anhand einer einzelnen Arbeit oder einer Gruppe von
Arbeiten klassifizieren, und sie läßt sich nicht in
eine saubere Entwicklung von großen zu kleinen Strichen,
dünnen zu dicken Pigmenten oder flächigen zu durchbrochenen
Bereichen gliedern. Um die Vielzahl der Arten von Strichführung
zu erfassen, die er benutzte, wäre es notwendig, sich jedes
einzelne seiner Gemälde vorzunehmen und im Original Stück
für Stück zu untersuchen. Für eine solche rhythmische
Vielfalt kann es nur eine Ursache geben: Sie ist eine Umsetzung
der Vielfalt der Natur."3 Solche Reichhaltigkeit
kann nicht auf eine kognitiv erfaßbare Ordnung reduziert
werden, sie ist nicht curricular vermittelbar. Doch erfolgte
die Ausführung der großen Tafeln nicht ungeplant.
"Man ist kein Künstler ... (sic), wenn man nicht sein
Bild vor der Ausführung im Kopf hat und wenn man sich seines
Metiers und seiner Komposition nicht sicher ist... (sic) Die
Techniken variieren... (sic) Die Kunst bleibt dieselbe: sie ist
eine eigenwillige und zugleich sensible Transposition der Natur."4