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Gabriele Schmid:  Illusionsräume
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Der Horizont als Symptom

 

Das Hauptmotiv im Panorama ist der Horizont. Es basiert auf der Polyperspektive der Panoramen. Oettermann definiert das Panorama als Umsetzung der Horizontlinie in ein Bild.1 Der ständig wechselnde Fluchtpunkt wird zum Horizont, zu einer tatsächlich durchgehenden Linie, während alle anderen horizontalen Linien unter dem Horizont tatsächlich gebogen sind, um gerade zu erscheinen. Der Horizont ist 'wahrer' als alle anderen Horizontalen. Die gerade Linie des Horizonts ist das eigentliche Sujet der Panoramen. Es hat keine materielle Entsprechung in der Wirklichkeit.

In der natürlichen Landschaft begrenzt der Horizont das Blickfeld. Der Horizont ist standort- und subjektgebunden: Wir können aus unseren Horizonten nicht heraustreten. Geographisch bezeichnet der Horizont die gedachte Linie, an der der Himmel die Erde berührt. Im Unterschied zum Äquator, der ebenfalls eine gedachte Linie ist, hat der Horizont keinen bestimmten Ort. Ähnlich dem Augenpunkt in der perspektivischen Konstruktion ist der Horizont "als den Raum begrenzend ... nicht selber im Raum."2

Wie das Panorama und die Perspektive hat der Horizont neben der phänomenologischen und der geometrisch-geographischen auch eine übertragene Bedeutung als geistiger Horizont. Die phänomenologische und die übertragene Bedeutung des Horizonts hängen auf verzwickte Weise zusammen. Im Panorama ist der Horizont die Zusammenfassung aller möglichen Perspektiven. Am Horizont zeigt sich die Totalität, die im Panorama, dem Ort an dem 'alles zu sehen' ist, sichtbar wird. Am Horizont zeigt sich, daß der Illusionsraum 'Panorama' nicht nur bezüglich der Darstellungsweise illusionär-konstruktiven Charakter hat, sondern auch bezüglich eines Welt-Entwurfs, für den der Horizont ebenso symptomatisch ist wie in seiner Visualisierung 'Panorama'. Der Bedeutungswandel des Begriffs Horizont zeigt, deutlicher noch als jener der 'Perspektive', den sich ändernden Blick von Menschen auf sich selbst und die Welt.

 


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 1 Vgl. Oettermann, 1980, S. 9.

2 Bollnow, 1963, S. 76.


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